Projektidee
Der Kern der Projektidee besteht in der Verbesserung
des Überganges Schule-Beruf für Migranten
und Migrantinnen aus Russland und den GUS-Staaten. Das
Innovative an der Projektidee ist, dass nicht von den
herkunftsbedingten und sozialen Defiziten der Zielgruppe
ausgegangen wird, sondern von deren Kompetenzen. Von
daher geht es in diesem Projekt um die Erhaltung und
Förderung der Kompetenz, über die diese Zielgruppe
verfügt: die russische Sprachkompetenz.
Träger
ein Team von Studentinnen (Karina Fomichova, Valeria
Himmelspach, Julia Mari, Irina Korsakov) der Universität
Bamberg, FB Soziale Arbeit unter Leitung von Prof.Dr.
Wulf Bott
Ausgangssituation
In den Einrichtungen der offenen Jugendarbeit ist der
Gebrauch der russischen Sprache untersagt (mit der Begründung
der Förderung des deutschen Spracherwerbs). Die
Jugendlichen erleben, dass die einzige originäre
Kompetenz, die sich aus ihrer Biographie ableitet, nämlich
die russische Sprachkompetenz, als etwas negatives betrachtet
wird.
Diese Erfahrungen stehen in klarem Wiederspruch zu
den Realitäten der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes:
Deutschland ist der größte Außenhandelspartner
Russlands.
In zunehmendem Maße verstärken deutsche
Unternehmen nicht nur ihre Exporte nach Russland, sondern
entwickeln in Russland eigene Fertigkeitskapazitäten.
Der größte Anbieter industrieller Arbeitsplätze
in Bamberg, die Robert Bosch GmbH, errichtet zur Zeit
zwei Werke zur Zündkerzenfertigung in Russland
und sucht deutsche Facharbeiter mit russischen Sprachkenntnissen
zum Anlernen und Einweisen der örtlichen Arbeitskräfte
in Russland.
Von daher ist es das Ziel des Projektes, die russische
Sprachkompetenz jugendlicher Aussiedler/innen nicht
nur zu erhalten, sondern zu fördern und bei den
Betroffenen die Einsicht zu wecken, dass es sich um
eine besondere Qualifikation handelt, die bei der Suche
nach einem Ausbildungsplatz oder einer Beschäftigung
von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.
Projektziel
- Es soll den jugendlichen Aussiedlern/innen das Bewusstsein
vermittelt werden, dass ihre russischen Sprachkenntnisse
eine wertvolle Zusatzqualifikation darstellen, die zu
erhalten und zu fördern sinnvoll ist.
- Es soll die Einsicht geweckt werden, dass Russischkenntnisse
allerdings nur dann eine Zusatzqualifikation sind, wenn
sie in deutsch-russischen und russisch-deutschen Übersetzungen
praktisch anwendbar sind. Das setzt aber eine erhebliche
Verbesserung der deutschen Sprachkompetenzen voraus.
- Dokumentation der russisch-deutschen Sprachkenntnisse
durch die Ablegung einer in Deutschland allgemein anerkannten
Sprachprüfung.
Fernziel: Die Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt
(Ausbildungs- /Arbeitsstelle)
Verlauf
Die Teilnehmer waren in Kleingruppen eingeteilt differenziert
nach deutschen und russischen Sprachkenntnissen in Grund-,
Mittel- und Oberstufe. Die Abschussprüfung in Grund-
und Mittelstufe entspricht der russischen Sprachprüfung
an der Realschule, in der Oberstufe entspricht sie dem
Schwierigkeitsgrad der Abiturprüfung des Wahlfaches
„Russisch“ an bayerischen Gymnasien. Die
TeilnehmerInnen schnitten durchwegs mit „gut“
bis „sehr gut“ ab und verbesserten sich
in der Deutschnote an der Schule um mindestens eine
Stufe.
Die Jugendlichen wurden als Gasthörer „immatrikuliert“
an der Universität Bamberg und hatten die Hausordnung
zu befolgen.
Die Exkursion nach St. Petersburg und Nowgorod stellte
im August 2005 einen Höhepunkt des Projektes dar.
Die Jugendlichen haben über den Verlauf dieses
Unternehmens einen Videofilm hergestellt, der im Rahmen
der Jugendarbeit der Gruppe "Sojus" - die
aus dem Projekt hervorgegangen ist - im städtischen
Jugendzentrum öffentlich vorgeführt wurde.
Im September 2005 schieden vier Teilnehmerinnen aus,
weil sie bei der Robert Bosch GmbH Bamberg einen Ausbildungsplatz
erhalten haben. Die Bamberger Filiale der Robert Bosch
GmbH ist zuständig für die Ausbildung der
russischen Mitarbeiter der Zündkerzenfertigung
in St. Petersburg. Deswegen ist die Firma an Auszubildenden
mit guten russischen Sprachkenntnissen sehr interessiert.
Der Ausbildungsleiter der Robert Bosch GmbH hat - aufgrund
der bisherigen guten Erfahrungen - die Absicht, weiteren
Projektteilnehmern Ausbildungsplätze anzubieten.
Die Erfahrung, dass russische Sprachkenntnisse eine
Qualifikation darstellen, die tatsächlich auf dem
Arbeits- bzw. Ausbildungsstellenmarkt nachgefragt wird,
führte zu weiteren Neuanmeldungen für das
Projekt.
Fazit
Das Projekt wurde mit 29 TeilnehmerInnen (Hauptschüler)
in 876 Projektstunden und 24.636 Teilnehmerstunden durchgeführt.
Das Projekt ist modellhaft in der innovativen Konzeption
als auch in der brillanten Umsetzung und der Aktivierung
der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (Spätaussiedler,
russischsprachig).
100 Prozent Erfolgsquote:
14 TeilnehmerInnen konnten eine Ausbildungsstelle antreten
15 wechselten in den M-Zweig, diese nehmen an der Zusatzqualifikation
„Handelsrussisch“ teil.
Alle TeilnehmerInnen haben ein Abschlusszeugnis erhalten.
Mittlerweile richten Industrieunternehmen (Brose AG,
Bosch, Michelin) aus der Region, die im russischen Sprachraum
tätig sind ihre Personalanfragen direkt an das
Projekt.
Das Mikroprojekt konnte Fördermittel der Robert
Bosch Stiftung akquirieren und startete am 1.4.2006
mit der „Deutsch-russisch-englischen Sprachförderung“
für weitere zwei Jahre. Damit wird das Projekt
qualitativ und quantitativ erweitert fortgeführt.
Ein weiterer nachhaltiger Effekt war die Selbstorganisation
der teilnehmenden Jugendlichen im Jugendverband Jugend
für Europa.
Das Projekt wurde im Studienschwerpunkt Jugendarbeit
an der Universität Bamberg, Fachbereich Sozialwesen
mit Studentinnen (muttersprachlich russisch) entwickelt
umgesetzt. Der Projektleiter war ehrenamtlich tätig.
Es zeigt sehr gut, dass auch an einer Hochschule integrierende
nachhaltige Effekte in der Jugendsozialarbeit erzielt
werden können und Studentinnen sich zusätzlich
qualifizieren. Die umsetzenden Studentinnen erwartet
ein erfolgreicher beruflicher Einstieg nach Beendigung
des Studiums.
|